ТВОРЧЕСТВО

ПОЗНАНИЕ

А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  AZ

 

ttelte, vielleicht, um des Druckes von Lenis Hand mehr teilhaftig zu werden. Block horchte mit gesenktem Kopf, als ?bertrete er durch dieses Horchen ein Gebot. »Warum z?gerst du denn?« fragte Leni. K. hatte das Gef?hl, als h?re er ein einstudiertes Gespr?ch, das sich schon oft wiederholt hatte, das sich noch oft wiederholen w?rde und das nur f?r Block seine Neuheit nicht verlieren konnte. »Wie hat er sich heute verhalten?« fragte der Advokat, statt zu antworten. Ehe sich Leni dar?ber ?u?erte, sah sie zu Block hinunter und beobachtete ein Weilchen, wie er die H?nde ihr entgegenhob und bittend aneinander rieb. Schlie?lich nickte sie ernst, wandte sich zum Advokaten und sagte: »Er war ruhig und flei?ig.« Ein alter Kaufmann, ein Mann mit langem Bart, flehte ein junges M?dchen um ein g?nstiges Zeugnis an. Mochte er dabei auch Hintergedanken haben, nichts konnte ihn in den Augen eines Mitmenschen rechtfertigen. K. begriff nicht, wie der Advokat daran hatte denken k?nnen, durch diese Vorf?hrung ihn zu gewinnen. H?tte er ihn nicht schon fr?her verjagt, er h?tte es durch diese Szene erreicht. Er entw?rdigte fast den Zuseher. So bewirkte also die Methode des Advokaten, welcher K. gl?cklicherweise nicht lange genug ausgesetzt gewesen war, da? der Klient schlie?lich die ganze Welt verga? und nur auf diesem Irrweg zum Ende des Prozesses sich fortzuschleppen hoffte. Das war kein Klient mehr, das war der Hund des Advokaten. H?tte ihm dieser befohlen, unter das Bett wie in eine Hundeh?tte zu kriechen und von dort aus zu bellen, er h?tte es mit Lust getan. Als sei K. beauftragt, alles, was hier gesprochen wurde, genau in sich aufzunehmen, an einem h?heren Ort die Anzeige davon zu erstatten und einen Bericht abzulegen, h?rte er pr?fend und ?berlegen zu. »Was hat er w?hrend des ganzen Tages getan?« fragte der Advokat. »Ich habe ihn«, sagte Leni, »damit er mich bei der Arbeit nicht st?re, in dem Dienstm?dchenzimmer eingesperrt, wo er sich ja gew?hnlich aufh?lt. Durch die L?cke konnte ich von Zeit zu Zeit nachsehen, was er machte. Er kniete immer auf dem Bett, hatte die Schriften, die du ihm geliehen hast, auf dem Fensterbrett aufgeschlagen und las in ihnen. Das hat einen guten Eindruck auf mich gemacht; das Fenster f?hrt n?mlich nur in einen Luftschacht und gibt fast kein Licht. Da? Block trotzdem las, zeigte mir, wie folgsam er ist.« »Es freut mich, das zu h?ren«, sagte der Advokat. »Hat er aber auch mit Verst?ndnis gelesen?« Block bewegte w?hrend dieses Gespr?chs unaufh?rlich die Lippen, offenbar formulierte er die Antworten, die er von Leni erhoffte. »Darauf kann ich nat?rlich«, sagte Leni, »nicht mit Bestimmtheit antworten. Jedenfalls habe ich gesehen, da? er gr?ndlich las. Er hat den ganzen Tag ?ber die gleiche Seite gelesen und beim Lesen den Finger die Zeilen entlanggef?hrt. Immer, wenn ich zu ihm hineinsah, hat er geseufzt, als mache ihm das Lesen viel M?he. Die Schriften, die du ihm geliehen hast, sind wahrscheinlich schwer verst?ndlich.« »Ja«, sagte der Advokat, »das sind sie allerdings. Ich glaube auch nicht, da? er etwas von ihnen versteht. Sie sollen ihm nur eine Ahnung davon geben, wie schwer der Kampf ist, den ich zu seiner Verteidigung f?hre. Und f?r wen f?hre ich diesen schweren Kampf? F?r – es ist fast l?cherlich, es auszusprechen – f?r Block. Auch was das bedeutet, soll er begreifen lernen. Hat er ununterbrochen studiert?« »Fast ununterbrochen«, antwortete Leni, »nur einmal hat er mich um Wasser zum Trinken gebeten. Da habe ich ihm ein Glas durch die Luke gereicht. Um acht Uhr habe ich ihn dann herausgelassen und ihm etwas zu essen gegeben.« Block streifte K. mit einem Seitenblick, als werde hier R?hmendes von ihm erz?hlt und m?sse auch auf K. Eindruck machen. Er schien jetzt gute Hoffnungen zu haben, bewegte sich freier und r?ckte auf den Knien hin und her. Desto deutlicher war es, wie er unter den folgenden Worten des Advokaten erstarrte: »Du lobst ihn«, sagte der Advokat. »Aber gerade das macht es mir schwer, zu reden. Der Richter hatte sich n?mlich nicht g?nstig ausgesprochen, weder ?ber Block selbst, noch ?ber seinen Proze?.« »Nicht g?nstig?« fragte Leni. »Wie ist das m?glich?« Block sah sie mit einem so gespannten Blick an, als traue er ihr die F?higkeit zu, jetzt noch die l?ngst ausgesprochenen Worte des Richters zu seinen Gunsten zu wenden. »Nicht g?nstig«, sagte der Advokat. »Er war sogar unangenehm ber?hrt, als ich von Block zu sprechen anfing. ›Reden Sie nicht von Block‹, sagte er. ›Er ist mein Klient‹, sagte ich. ›Sie lassen sich mi?brauchen‹, sagte er. ›Ich halte seine Sache nicht f?r verloren‹, sagte ich. ›Sie lassen sich mi?brauchen‹, wiederholte er. ›Ich glaube es nicht‹, sagte ich. ›Block ist im Proze? flei?ig und immer hinter seiner Sache her. Er wohnt fast bei mir, um immer auf dem laufenden zu sein. Solchen Eifer findet man nicht immer. Gewi?, er ist pers?nlich nicht angenehm, hat h??liche Umgangsformen und ist schmutzig, aber in prozessualer Hinsicht ist er untadelhaft.‹ Ich sagte untadelhaft, ich ?bertrieb absichtlich. Darauf sagte er: ›Block ist blo? schlau. Er hat viel Erfahrung angesammelt und versteht es, den Proze? zu verschleppen. Aber seine Unwissenheit ist noch viel gr??er als seine Schlauheit. Was w?rde er wohl dazu sagen, wenn er erf?hre, da? sein Proze? noch gar nicht begonnen hat, wenn man ihm sagte, da? noch nicht einmal das Glockenzeichen zum Beginn des Prozesses gegeben ist.‹ Ruhig, Block«, sagte der Advokat, denn Block begann sich gerade auf unsicheren Knien zu erheben und wollte offenbar um Aufkl?rung bitten. Es war jetzt das erstemal, da? sich der Advokat mit ausf?hrlichen Worten geradezu an Block wendete. Mit m?den Augen sah er halb ziellos, halb zu Block hinunter, der unter diesem Blick wieder langsam in die Knie zur?cksank. »Diese ?u?erung des Richters hat f?r dich gar keine Bedeutung«, sagte der Advokat. »Erschrick doch nicht bei jedem Wort. Wenn sich das wiederholt, werde ich dir gar nichts mehr verraten. Man kann keinen Satz beginnen, ohne da? du einen anschaust, als ob jetzt dein Endurteil k?me. Sch?me dich hier vor meinem Klienten! Auch ersch?tterst du das Vertrauen, das er in mich setzt. Was willst du denn? Noch lebst du, noch stehst du unter meinem Schutz. Sinnlose Angst! Du hast irgendwo gelesen, da? das Endurteil in manchen F?llen unversehens komme, aus beliebigem Munde, zu beliebiger Zeit. Mit vielen Vorbehalten ist das allerdings wahr, ebenso wahr aber ist es, da? mich deine Angst anwidert und da? ich darin einen Mangel des notwendigen Vertrauens sehe. Was habe ich denn gesagt? Ich habe die ?u?erung eines Richters wiedergegeben. Du wei?t, die verschiedenen Ansichten h?ufen sich um das Verfahren bis zur Undurchdringlichkeit. Dieser Richter zum Beispiel nimmt den Anfang des Verfahrens zu einem anderen Zeitpunkt an als ich. Ein Meinungsunterschied, nichts weiter. In einem gewissen Stadium des Prozesses wird nach altem Brauch ein Glockenzeichen gegeben. Nach der Ansicht dieses Richters beginnt damit der Proze?. Ich kann dir jetzt nicht alles sagen, was dagegen spricht, du w?rdest es auch nicht verstehen, es gen?ge dir, da? viel dagegen spricht.« Verlegen fuhr Block unten mit den Fingern durch das Fell des Bettvorlegers, die Angst wegen des Ausspruchs des Richters lie? ihn zeitweise die eigene Untert?nigkeit gegen?ber dem Advokaten vergessen, er dachte dann nur an sich und drehte die Worte des Richters nach allen Seiten. »Block«, sagte Leni in warnendem Ton und zog ihn am Rockkragen ein wenig in die H?he. »La? jetzt das Fell und h?re dem Advokaten zu.«
(Dieses Kapitel wurde nicht vollendet)
Neuntes KapitelIm Dom
K. bekam den Auftrag, einem italienischen Gesch?ftsfreund der Bank, der f?r sie sehr wichtig war und sich zum erstenmal in dieser Stadt aufhielt, einige Kunstdenkm?ler zu zeigen. Es war ein Auftrag, den er zu anderer Zeit gewi? f?r ehrend gehalten h?tte, den er aber jetzt, da er nur mit gro?er Anstrengung sein Ansehen in der Bank noch wahren konnte, widerwillig ?bernahm. Jede Stunde, die er dem B?ro entzogen wurde, machte ihm Kummer; er konnte zwar die B?rozeit bei weitem nicht mehr so ausn?tzen wie fr?her, er brachte manche Stunden nur unter dem notd?rftigsten Anschein wirklicher Arbeit hin, aber desto gr??er waren seine Sorgen, wenn er nicht im B?ro war. Er glaubte dann zu sehen, wie der Direktor-Stellvertreter, der ja immer auf der Lauer gewesen war, von Zeit zu Zeit in sein B?ro kam, sich an seinen Schreibtisch setzte, seine Schriftst?cke durchsuchte, Parteien, mit denen K. seit Jahren fast befreundet gewesen war, empfing und ihm abspenstig machte, ja vielleicht sogar Fehler aufdeckte, von denen sich K. w?hrend der Arbeit jetzt immer aus tausend Richtungen bedroht sah und die er nicht mehr vermeiden konnte. Wurde er daher einmal, sei es in noch so auszeichnender Weise, zu einem Gesch?ftsweg oder gar zu einer kleinen Reise beauftragt – solche Auftr?ge hatten sich in der letzten Zeit ganz zuf?llig geh?uft –, dann lag immerhin die Vermutung nahe, da? man ihn f?r ein Weilchen aus dem B?ro entfernen und seine Arbeit ?berpr?fen wolle oder wenigstens, da? man im B?ro ihn f?r leicht entbehrlich halte. Die meisten dieser Auftr?ge h?tte er ohne Schwierigkeiten ablehnen k?nnen, aber er wagte es nicht, denn, wenn seine Bef?rchtung auch nur im geringsten begr?ndet war, bedeutete die Ablehnung des Auftrags Gest?ndnis seiner Angst. Aus diesem Grunde nahm er solche Auftr?ge scheinbar gleichm?tig hin und verschwieg sogar, als er eine anstrengende zweit?gige Gesch?ftsreise machen sollte, eine ernstliche Verk?hlung, um sich nur nicht der Gefahr auszusetzen, mit Berufung auf das gerade herrschende regnerische Herbstwetter von der Reise abgehalten zu werden. Als er von dieser Reise mit w?tenden Kopfschmerzen zur?ckkehrte, erfuhr er, da? er dazu bestimmt sei, am n?chsten Tag den italienischen Gesch?ftsfreund zu begleiten. Die Verlockung, sich wenigstens dieses eine Mal zu weigern, war sehr gro?, vor allem war das, was man ihm hier zugedacht hatte, keine unmittelbar mit dem Gesch?ft zusammenh?ngende Arbeit, aber die Erf?llung dieser gesellschaftlichen Pflicht gegen?ber dem Gesch?ftsfreund war an sich zweifellos wichtig genug, nur nicht f?r K., der wohl wu?te, da? er sich nur durch Arbeitserfolge erhalten k?nne und da? es, wenn ihm das nicht gel?nge, vollst?ndig wertlos war, wenn er diesen Italiener unerwarteterweise sogar bezaubern sollte; er wollte nicht einmal f?r einen Tag aus dem Bereich der Arbeit geschoben werden, denn die Furcht, nicht mehr zur?ckgelassen zu werden, war zu gro?, eine Furcht, die er sehr genau als ?bertrieben erkannte, die ihn aber doch beengte. In diesem Fall allerdings war es fast unm?glich, einen annehmbaren Einwand zu erfinden. K.s Kenntnis des Italienischen war zwar nicht sehr gro?, aber immerhin gen?gend; das Entscheidende aber war, da? K. aus fr?herer Zeit einige kunsthistorische Kenntnisse besa?, was in ?u?erst ?bertriebener Weise dadurch in der Bank bekanntgeworden war, da? K. eine Zeitlang, ?brigens auch nur aus gesch?ftlichen Gr?nden, Mitglied des Vereins zur Erhaltung der st?dtischen Kunstdenkm?ler gewesen war. Nun war aber der Italiener, wie man ger?chteweise erfahren hatte, ein Kunstliebhaber, und die Wahl K.s zu seinem Begleiter war daher selbstverst?ndlich.
Es war ein sehr regnerischer, st?rmischer Morgen, als K. voll ?rger ?ber den Tag, der ihm bevorstand, schon um sieben Uhr ins B?ro kam, um wenigstens einige Arbeit noch fertigzubringen, ehe der Besuch ihn allem entziehen w?rde. Er war sehr m?de, denn er hatte die halbe Nacht mit dem Studium einer italienischen Grammatik verbracht, um sich ein wenig vorzubereiten; das Fenster, an dem er in der letzten Zeit viel zu oft zu sitzen pflegte, lockte ihn mehr als der Schreibtisch, aber er widerstand und setzte sich zur Arbeit. Leider trat gerade der Diener ein und meldete, der Herr Direktor habe ihn geschickt, um nachzusehen, ob der Herr Prokurist schon hier sei;
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