ТВОРЧЕСТВО

ПОЗНАНИЕ

А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  AZ

 

« K. h?tte auch ohne diese Aufforderung keine R?cksicht genommen, er hatte sogar schon einen Fu? mitten auf das Federbett gesetzt, da sah er durch die offene T?r hinaus und zog den Fu? wieder zur?ck. »Was ist das?« fragte er den Maler. »Wor?ber staunen Sie?« fragte dieser, seinerseits staunend. »Es sind die Gerichtskanzleien. Wu?ten Sie nicht, da? hier Gerichtskanzleien sind? Gerichtskanzleien sind doch fast auf jedem Dachboden, warum sollten sie gerade hier fehlen? Auch mein Atelier geh?rt eigentlich zu den Gerichtskanzleien, das Gericht hat es mir aber zur Verf?gung gestellt.« K. erschrak nicht so sehr dar?ber, da? er auch hier Gerichtskanzleien gefunden hatte, er erschrak haupts?chlich ?ber sich, ?ber seine Unwissenheit in Gerichtssachen. Als eine Grundregel f?r das Verhalten eines Angeklagten erschien es ihm, immer vorbereitet zu sein, sich niemals ?berraschen zu lassen, nicht ahnungslos nach rechts zu schauen, wenn links der Richter neben ihm stand – und gerade gegen diese Grundregel verstie? er immer wieder. Vor ihm dehnte sich ein langer Gang, aus dem eine Luft wehte, mit der verglichen die Luft im Atelier erfrischend war. B?nke waren zu beiden Seiten des Ganges aufgestellt, genau so wie im Wartezimmer der Kanzlei, die f?r K. zust?ndig war. Es schienen genaue Vorschriften f?r die Einrichtung von Kanzleien zu bestehen. Augenblicklich war der Parteienverkehr hier nicht sehr gro?. Ein Mann sa? dort halb liegend, das Gesicht hatte er auf der Bank in seine Arme vergraben und schien zu schlafen; ein anderer stand im Halbdunkel am Ende des Ganges. K. stieg nun ?ber das Bett, der Maler folgte ihm mit den Bildern. Sie trafen bald einen Gerichtsdiener – K. erkannte jetzt schon alle Gerichtsdiener an dem Goldknopf, den diese an ihrem Zivilanzug unter den gew?hnlichen Kn?pfen hatten – und der Maler gab ihm den Auftrag, K. mit den Bildern zu begleiten. K. wankte mehr, als er ging, das Taschentuch hielt er an den Mund gedr?ckt. Sie waren schon nahe am Ausgang, da st?rmten ihnen die M?dchen entgegen, die also K. auch nicht erspart geblieben waren. Sie hatten offenbar gesehen, da? die zweite T?r des Ateliers ge?ffnet worden war und hatten den Umweg gemacht, um von dieser Seite einzudringen. »Ich kann Sie nicht mehr begleiten!« rief der Maler lachend unter dem Andrang der M?dchen. »Auf Wiedersehen! Und ?berlegen Sie nicht zu lange!« K. sah sich nicht einmal nach ihm um. Auf der Gasse nahm er den ersten Wagen, der ihm in den Weg kam. Es lag ihm daran, den Diener loszuwerden, dessen Goldknopf ihm unaufh?rlich in die Augen stach, wenn er auch sonst wahrscheinlich niemanden auffiel. In seiner Dienstfertigkeit wollte sich der Diener noch auf den Kutschbock setzen. K. jagte ihn aber hinunter. Mittag war schon l?ngst vor?ber, als K. vor der Bank ankam. Er h?tte gern die Bilder im Wagen gelassen, f?rchtete aber, bei irgendeiner Gelegenheit gen?tigt zu werden, sich dem Maler gegen?ber mit ihnen auszuweisen. Er lie? sie daher in sein B?ro schaffen und versperrte sie in die unterste Lade seines Tisches, um sie wenigstens f?r die allern?chsten Tage vor den Blicken des Direktor-Stellvertreters in Sicherheit zu bringen.
Achtes KapitelKaufmann Block, K?ndigung des Advokaten
Endlich hatte sich K. doch entschlossen, dem Advokaten seine Vertretung zu entziehen. Zweifel daran, ob es richtig war, so zu handeln, waren zwar nicht auszurotten, aber die ?berzeugung von der Notwendigkeit dessen ?berwog. Die Entschlie?ung hatte K. an dem Tage, an dem er zum Advokaten gehen wollte, viel Arbeitskraft entzogen, er arbeitete besonders langsam, er mu?te sehr lange im B?ro bleiben, und es war schon zehn Uhr vor?ber, als er endlich vor der T?r des Advokaten stand. Noch ehe er l?utete, ?berlegte er, ob es nicht besser w?re, dem Advokaten telephonisch oder brieflich zu k?ndigen, die pers?nliche Unterredung w?rde gewi? sehr peinlich werden. Trotzdem wollte K. schlie?lich auf sie nicht verzichten, bei jeder anderen Art der K?ndigung w?rde diese stillschweigend oder mit ein paar f?rmlichen Worten angenommen werden, und K. w?rde, wenn nicht etwa Leni einiges erforschen k?nnte, niemals erfahren, wie der Advokat die K?ndigung aufgenommen hatte und was f?r Folgen f?r K. diese K?ndigung nach der nicht unwichtigen Meinung des Advokaten haben k?nnte. Sa? aber der Advokat K. gegen?ber und wurde er von der K?ndigung ?berrascht, so w?rde K., selbst wenn der Advokat sich nicht viel entlocken lie?, aus seinem Gesicht und seinem Benehmen alles, was er wollte, leicht entnehmen k?nnen. Es war sogar nicht ausgeschlossen, da? er ?berzeugt wurde, da? es doch gut w?re, dem Advokaten die Verteidigung zu ?berlassen und da? er dann seine K?ndigung zur?ckzog.
Das erste L?uten an der T?r des Advokaten war, wie gew?hnlich, zwecklos. »Leni k?nnte flinker sein«, dachte K. Aber es war schon ein Vorteil, wenn sich nicht die andere Partei einmischte, wie sie es gew?hnlich tat, sei es, da? der Mann im Schlafrock oder sonst jemand zu bel?stigen anfing. W?hrend K. zum zweitenmal den Knopf dr?ckte, sah er nach der anderen T?r zur?ck, diesmal aber blieb auch sie geschlossen. Endlich erschienen an dem Guckfenster der T?r des Advokaten zwei Augen, es waren aber nicht Lenis Augen. Jemand schlo? die T?r auf, stemmte sich aber vorl?ufig noch gegen sie, rief in die Wohnung zur?ck: »Er ist es!« und ?ffnete erst dann vollst?ndig. K. hatte gegen die T?r gedr?ngt, denn schon h?rte er, wie hinter ihm in der T?r der anderen Wohnung der Schl?ssel hastig im Schlo? gedreht wurde. Als sich daher die T?r vor ihm endlich ?ffnete, st?rmte er geradezu ins Vorzimmer und sah noch, wie durch den Gang, der zwischen den Zimmern hindurchf?hrte, Leni, welcher der Warnungsruf des T?r?ffners gegolten hatte, im Hemd davonlief. Er blickte ihr ein Weilchen nach und sah sich dann nach dem T?r?ffner um. Es war ein kleiner, d?rrer Mann mit Vollbart, er hielt eine Kerze in der Hand. »Sie sind hier angestellt?« fragte K. »Nein«, antwortete der Mann, »ich bin hier fremd, der Advokat ist nur mein Vertreter, ich bin hier wegen einer Rechtsangelegenheit.« »ohne Rock?« fragte K. und zeigte mit einer Handbewegung auf die mangelhafte Bekleidung des Mannes. »Ach, verzeihen Sie!« sagte der Mann und beleuchtete sich selbst mit der Kerze, als s?he er selbst zum erstenmal seinen Zustand. »Leni ist Ihre Geliebte?« fragte K. kurz. Er hatte die Beine ein wenig gespreizt, die H?nde, in denen er den Hut hielt, hinten verschlungen. Schon durch den Besitz eines starken ?berrocks f?hlte er sich dem mageren Kleinen sehr ?berlegen. »O Gott«, sagte der und hob die eine Hand in erschrockener Abwehr vor das Gesicht, »nein, nein, was denken Sie denn?« »Sie sehen glaubw?rdig aus«, sagte K. l?chelnd, »trotzdem – kommen Sie.« Er winkte ihm mit dem Hut und lie? ihn vor sich gehen. »Wie hei?en Sie denn?« fragte K. auf dem Weg. »Block, Kaufmann Block«, sagte der Kleine und drehte sich bei dieser Vorstellung nach K. um, stehenbleiben lie? ihn aber K. nicht. »Ist das Ihr wirklicher Name?« fragte K. »Gewi?«, war die Antwort, »warum haben Sie denn Zweifel?« »Ich dachte, Sie k?nnten Grund haben, Ihren Namen zu verschweigen«, sagte K. Er f?hlte sich so frei, wie man es sonst nur ist, wenn man in der Fremde mit niedrigen Leuten spricht, alles, was einen selbst betrifft, bei sich beh?lt, nur gleichm?tig von den Interessen der anderen redet, sie dadurch vor sich selbst erh?ht, aber auch nach Belieben fallen lassen kann. Bei der T?r des Arbeitszimmers des Advokaten blieb K. stehen, ?ffnete sie und rief dem Kaufmann, der folgsam weitergegangen war, zu: »Nicht so eilig! Leuchten Sie hier!« K. dachte, Leni k?nnte sich hier versteckt haben, er lie? den Kaufmann alle Winkel absuchen, aber das Zimmer war leer. Vor dem Bild des Richters hielt K. den Kaufmann hinten an den Hosentr?gern zur?ck. »Kennen Sie den?« fragte er und zeigte mit dem Zeigefinger in die H?he. Der Kaufmann hob die Kerze, sah blinzelnd hinauf und sagte: »Es ist ein Richter.« »Ein hoher Richter?« fragte K. und stellte sich seitlich vor den Kaufmann, um den Eindruck, den das Bild auf ihn machte, zu beobachten. Der Kaufmann sah bewundernd aufw?rts. »Es ist ein hoher Richter«, sagte er. »Sie haben keinen gro?en Einblick«, sagte K. »Unter den niedrigen Untersuchungsrichtern ist er der niedrigste.« »Nun erinnere ich mich«, sagte der Kaufmann und senkte die Kerze, »ich habe es auch schon geh?rt.« »Aber nat?rlich«, rief K., »ich verga? ja, nat?rlich m?ssen Sie es schon geh?rt haben.« »Aber warum denn, warum denn?« fragte der Kaufmann, w?hrend er sich, von K. mit den H?nden angetrieben, zur T?r fortbewegte. Drau?en auf dem Gang sagte K.: »Sie wissen doch, wo sich Leni versteckt hat?« »Versteckt?« sagte der Kaufmann, »nein, sie d?rfte aber in der K?che sein und dem Advokaten eine Suppe kochen.« »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?« fragte K. »Ich wollte Sie ja hinf?hren, Sie haben mich aber wieder zur?ckgerufen«, antwortete der Kaufmann, wie verwirrt durch die widersprechenden Befehle. »Sie glauben wohl sehr schlau zu sein«, sagte K., »f?hren Sie mich also!« In der K?che war K. noch nie gewesen, sie war ?berraschend gro? und reich ausgestattet. Allein der Herd war dreimal so gro? wie gew?hnliche Herde, von dem ?brigen sah man keine Einzelheiten, denn die K?che wurde jetzt nur von einer kleinen Lampe beleuchtet, die beim Eingang hing. Am Herd stand Leni in wei?er Sch?rze, wie immer, und leerte Eier in einen Topf aus, der auf einem Spiritusfeuer stand. »Guten Abend, Josef«, sagte sie mit einem Seitenblick. »Guten Abend«, sagte K. und zeigte mit einer Hand auf einen abseits stehenden Sessel, auf den sich der Kaufmann setzen sollte, was dieser auch tat. K. aber ging ganz nahe hinter Leni, beugte sich ?ber ihre Schulter und fragte: »Wer ist der Mann?« Leni umfa?te K. mit einer Hand, die andere quirlte die Suppe, zog ihn nach vorn zu sich und sagte: »Es ist ein bedauernswerter Mensch, ein armer Kaufmann, ein gewisser Block. Sieh ihn nur an.« Sie blickten beide zur?ck. Der Kaufmann sa? auf dem Sessel, auf den ihn K. gewiesen hatte, er hatte die Kerze, deren Licht jetzt unn?tig war, ausgepustet und dr?ckte mit den Fingern den Docht, um den Rauch zu verhindern. »Du warst im Hemd«, sagte K. und wendete ihren Kopf mit der Hand wieder dem Herd zu. Sie schwieg. »Er ist dein Geliebter?« fragte K. Sie wollte nach dem Suppentopf greifen, aber K. nahm ihre beiden H?nde und sagte: »Nun antworte!« Sie sagte: »Komm ins Arbeitszimmer, ich werde dir alles erkl?ren.« »Nein«, sagte K., »ich will, da? du es hier erkl?rst.« Sie hing sich an ihn und wollte ihn k?ssen. K. wehrte sie aber ab und sagte: »Ich will nicht, da? du mich jetzt k??t.« »Josef«, sagte Leni und sah K. bittend und doch offen in die Augen, »du wirst doch nicht auf Herrn Block eifers?chtig sein. – Rudi«, sagte sie dann, sich an den Kaufmann wendend, »so hilf mir doch, du siehst, ich werde verd?chtigt, la? die Kerze.« Man h?tte denken k?nnen, er h?tte nicht achtgegeben, aber er war vollst?ndig eingeweiht. »Ich w??te auch nicht, warum Sie eifers?chtig sein sollten«, sagte er wenig schlagfertig. »Ich wei? es eigentlich auch nicht«, sagte K. und sah den Kaufmann l?chelnd an. Leni lachte laut, ben?tzte die Unaufmerksamkeit K.s, um sich in seinen Arm einzuh?ngen, und fl?sterte: »La? ihn jetzt, du siehst ja, was f?r ein Mensch er ist. Ich habe mich seiner ein wenig angenommen, weil er eine gro?e Kundschaft des Advokaten ist, aus keinem andern Grund. Und du? Willst du noch heute mit dem Advokaten sprechen? Er ist heute sehr krank, aber wenn du willst, melde ich dich doch an. ?ber Nacht bleibst du aber bei mir, ganz gewi?. Du warst auch schon so lange nicht bei uns, selbst der Advokat hat nach dir gefragt. Vernachl?ssige den Proze? nicht! Auch ich habe dir Verschiedenes mitzuteilen, was ich erfahren habe. Nun aber zieh f?rs erste deinen Mantel aus!« Sie half ihm, sich auszuziehen, nahm ihm den Hut ab, lief mit den Sachen ins Vorzimmer, sie anzuh?
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