ТВОРЧЕСТВО

ПОЗНАНИЕ

А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  AZ

 

Aber er deutete offenbar das Schweigen K.s f?r sich allzu g?nstig, wenn er jetzt fortfuhr: »Sie werden bemerkt haben, da? ich zwar eine gro?e Kanzlei habe, aber keine Hilfskr?fte besch?ftige. Das war fr?her anders, es gab eine Zeit, wo einige junge Juristen f?r mich arbeiteten, heute arbeite ich allein. Es h?ngt dies zum Teil mit der ?nderung meiner Praxis zusammen, indem ich mich immer mehr auf Rechtssachen von der Art der Ihrigen beschr?nke, zum Teil mit der immer tieferen Erkenntnis, die ich von diesen Rechtssachen erhielt. Ich fand, da? ich diese Arbeit niemandem ?berlassen d?rfe, wenn ich mich nicht an meinen Klienten und an der Aufgabe, die ich ?bernommen hatte, vers?ndigen wollte. Der Entschlu? aber, alle Arbeit selbst zu leisten, hatte die nat?rlichen Folgen: ich mu?te fast alle Ansuchen um Vertretungen abweisen und konnte nur denen nachgeben, die mir besonders nahegingen – nun, es gibt ja genug Kreaturen, und sogar ganz in der N?he, die sich auf jeden Brocken st?rzen, den ich wegwerfe. Und au?erdem wurde ich vor ?beranstrengung krank. Aber trotzdem bereue ich meinen Entschlu? nicht, es ist m?glich, da? ich mehr Vertretungen h?tte abweisen sollen, als ich getan habe, da? ich aber den ?bernommenen Prozessen mich ganz hingegeben habe, hat sich als unbedingt notwendig herausgestellt und durch die Erfolge belohnt. Ich habe einmal in einer Schrift den Unterschied sehr sch?n ausgedr?ckt gefunden, der zwischen der Vertretung in gew?hnlichen Rechtssachen und der Vertretung in diesen Rechtssachen besteht. Es hie? dort: der Advokat f?hrt seinen Klienten an einem Zwirnsfaden bis zum Urteil, der andere aber hebt seinen Klienten gleich auf die Schultern und tr?gt ihn, ohne ihn abzusetzen, zum Urteil und noch dar?ber hinaus. So ist es. Aber es war nicht ganz richtig, wenn ich sagte, da? ich diese gro?e Arbeit niemals bereue. Wenn sie, wie in Ihrem Fall, so vollst?ndig verkannt wird, dann, nun dann bereue ich fast.« K. wurde durch diese Reden mehr ungeduldig als ?berzeugt. Er glaubte irgendwie aus dem Tonfall des Advokaten herauszuh?ren, was ihn erwartete, wenn er nachg?be, wieder w?rden Vertr?stungen beginnen, die Hinweise auf die fortschreitende Eingabe, auf die gebesserte Stimmung der Gerichtsbeamten, aber auch auf die gro?en Schwierigkeiten, die sich der Arbeit entgegenstellten, – kurz, all das bis zum ?berdru? Bekannte w?rde hervorgeholt werden, um K. wieder mit unbestimmten Hoffnungen zu t?uschen und mit unbestimmten Drohungen zu qu?len. Das mu?te endg?ltig verhindert werden, er sagte deshalb: »Was wollen Sie in meiner Sache unternehmen, wenn Sie die Vertretung behalten?« Der Advokat f?gte sich sogar dieser beleidigenden Frage und antwortete: »In dem, was ich f?r Sie bereits unternommen habe, weiter fortfahren.« »Ich wu?te es ja«, sagte K., »nun ist aber jedes weitere Wort ?berfl?ssig.« »Ich werde noch einen Versuch machen«, sagte der Advokat, als geschehe das, was K. erregte, nicht K., sondern ihm. »Ich habe n?mlich die Vermutung, da? Sie nicht nur zu der falschen Beurteilung meines Rechtsbeistandes, sondern auch zu Ihrem sonstigen Verhalten dadurch verleitet werden, da? man Sie, obwohl Sie Angeklagter sind, zu gut behandelt oder, richtiger ausgedr?ckt, nachl?ssig, scheinbar nachl?ssig behandelt. Auch dieses letztere hat seinen Grund; es ist oft besser, in Ketten, als frei zu sein. Aber ich m?chte Ihnen doch zeigen, wie andere Angeklagte behandelt werden, vielleicht gelingt es Ihnen, daraus eine Lehre zu nehmen. Ich werde jetzt n?mlich Block vorrufen, sperren Sie die T?r auf und setzen Sie sich hier neben den Nachttisch!« »Gerne«, sagte K. und tat, was der Advokat verlangt hatte; zu lernen war er immer bereit. Um sich aber f?r jeden Fall zu sichern, fragte er noch: »Sie haben aber zur Kenntnis genommen, da? ich Ihnen meine Vertretung entziehe?« »Ja«, sagte der Advokat, »Sie k?nnen es aber heute noch r?ckg?ngig machen.« Er legte sich wieder ins Bett zur?ck, zog das Federbett bis zum Kinn und drehte sich der Wand zu. Dann l?utete er.
Fast gleichzeitig mit dem Glockenzeichen erschien Leni, sie suchte durch rasche Blicke zu erfahren, was geschehen war; da? K. ruhig beim Bett des Advokaten sa?, schien ihr beruhigend. Sie nickte K., der sie starr ansah, l?chelnd zu. »Hole Block«, sagte der Advokat. Statt ihn aber zu holen, trat sie nur vor die T?r, rief: »Block! Zum Advokaten!« und schl?pfte dann, wahrscheinlich weil der Advokat zur Wand abgekehrt blieb und sich um nichts k?mmerte, hinter K.s Sessel. Sie st?rte ihn von nun ab, indem sie sich ?ber die Sessellehne vorbeugte oder mit den H?nden, allerdings sehr zart und vorsichtig, durch sein Haar fuhr und ?ber seine Wangen strich. Schlie?lich suchte K. sie daran zu hindern, indem er sie bei einer Hand erfa?te, die sie ihm nach einigem Widerstreben ?berlie?.
Block war auf den Anruf hin gleich gekommen, blieb aber vor der T?r stehen und schien zu ?berlegen, ob er eintreten sollte. Er zog die Augenbrauen hoch und neigte den Kopf, als horche er, ob sich der Befehl, zum Advokaten zu kommen, wiederholen w?rde. K. h?tte ihn zum Eintreten aufmuntern k?nnen, aber er hatte sich vorgenommen, nicht nur mit dem Advokaten, sondern mit allem, was hier in der Wohnung war, endg?ltig zu brechen und verhielt sich deshalb regungslos. Auch Leni schwieg. Block bemerkte, da? ihn wenigstens niemand verjage und trat auf den Fu?spitzen ein, das Gesicht gespannt, die H?nde auf dem R?cken verkrampft. Die T?r hatte er f?r einen m?glichen R?ckzug offen gelassen. K. blickte er gar nicht an, sondern immer nur das hohe Federbett, unter dem der Advokat, da er sich ganz nahe an die Wand geschoben hatte, nicht einmal zu sehen war. Da h?rte man aber seine Stimme: »Block hier?« fragte er. Diese Frage gab Block, der schon eine gro?e Strecke weiterger?ckt war, f?rmlich einen Sto? in die Brust und dann einen in den R?cken, er taumelte, blieb tief geb?ckt stehen und sagte: »Zu dienen.« »Was willst du?« fragte der Advokat, »du kommst ungelegen.« »Wurde ich nicht gerufen?« fragte Block mehr sich selbst als den Advokaten, hielt die H?nde zum Schutze vor und war bereit, wegzulaufen. »Du wurdest gerufen«, sagte der Advokat, »trotzdem kommst du ungelegen.« Und nach einer Pause f?gte er hinzu: »Du kommst immer ungelegen.« Seitdem der Advokat sprach, sah Block nicht mehr auf das Bett hin, er starrte vielmehr irgendwo in eine Ecke und lauschte nur, als sei der Anblick des Sprechers zu blendend, als da? er ihn ertragen k?nnte. Es war aber auch das Zuh?ren schwer, denn der Advokat sprach gegen die Wand, und zwar leise und schnell. »Wollt Ihr, da? ich weggehe?« fragte Block. »Nun bist du einmal da«, sagte der Advokat. »Bleib!« Man h?tte glauben k?nnen, der Advokat habe nicht Blocks Wunsch erf?llt, sondern ihm, etwa mit Pr?geln, gedroht, denn jetzt fing Block wirklich zu zittern an. »Ich war gestern«, sagte der Advokat, »beim Dritten Richter, meinem Freund, und habe allm?hlich das Gespr?ch auf dich gelenkt. Willst du wissen, was er sagte?« »O bitte«, sagte Block. Da der Advokat nicht gleich antwortete, wiederholte Block nochmals die Bitte und neigte sich, als wolle er niederknien. Da fuhr ihn aber K. an: »Was tust du?« rief er. Da ihn Leni an dem Ausruf hatte hindern wollen, fa?te er auch ihre zweite Hand. Es war nicht der Druck der Liebe, mit dem er sie festhielt, sie seufzte auch ?fters und suchte ihm die H?nde zu entwinden. F?r K.s Ausruf aber wurde Block gestraft, denn der Advokat fragte ihn: »Wer ist denn dein Advokat?« »Ihr seid es«, sagte Block. »Und au?er mir?« fragte der Advokat. »Niemand au?er Euch«, sagte Block. »Dann folge auch niemandem sonst«, sagte der Advokat. Block erkannte das vollst?ndig an, er ma? K. mit b?sen Blicken und sch?ttelte heftig gegen ihn den Kopf. H?tte man dieses Benehmen in Worte ?bersetzt, so w?ren es grobe Beschimpfungen gewesen. Mit diesem Menschen hatte K. freundschaftlich ?ber seine eigene Sache reden wollen! »Ich werde dich nicht mehr st?ren«, sagte K., in den Sessel zur?ckgelehnt. »Knie nieder oder krieche auf allen vieren, tu, was du willst. Ich werde mich darum nicht k?mmern.« Aber Block hatte doch Ehrgef?hl, wenigstens gegen?ber K., denn er ging, mit den F?usten fuchtelnd, auf ihn zu, und rief so laut, als er es nur in der N?he des Advokaten wagte: »Sie d?rfen nicht so mit mir reden, das ist nicht erlaubt. Warum beleidigen Sie mich? Und ?berdies noch hier, vor dem Herrn Advokaten, wo wir beide, Sie und ich, nur aus Barmherzigkeit geduldet sind? Sie sind kein besserer Mensch als ich, denn Sie sind auch angeklagt und haben auch einen Proze?. Wenn Sie aber trotzdem noch ein Herr sind, dann bin ich ein ebensolcher Herr, wenn nicht gar ein noch gr??erer. Und ich will auch als ein solcher angesprochen werden, gerade von Ihnen. Wenn Sie sich aber dadurch f?r bevorzugt halten, da? Sie hier sitzen und ruhig zuh?ren d?rfen, w?hrend ich, wie Sie sich ausdr?cken, auf allen vieren krieche, dann erinnere ich Sie an den alten Rechtsspruch: f?r den Verd?chtigen ist Bewegung besser als Ruhe, denn der, welcher ruht, kann immer, ohne es zu wissen, auf einer Waagschale sein und mit seinen S?nden gewogen werden.« K. sagte nichts, er staunte nur mit unbeweglichen Augen diesen verwirrten Menschen an. Was f?r Ver?nderungen waren mit ihm nur schon in der letzten Stunde vor sich gegangen! War es der Proze?, der ihn so hin und her warf und ihn nicht erkennen lie?, wo Freund und wo Feind war? Sah er denn nicht, da? der Advokat ihn absichtlich dem?tigte und diesmal nichts anderes bezweckte, als sich vor K. mit seiner Macht zu br?sten und sich dadurch vielleicht auch K. zu unterwerfen? Wenn Block aber nicht f?hig war, das zu erkennen oder wenn er den Advokaten so sehr f?rchtete, da? ihm jene Erkenntnis nichts helfen konnte, wie kam es, da? er doch wieder so schlau oder so k?hn war, den Advokaten zu betr?gen und ihm zu verschweigen, da? er au?er ihm noch andere Advokaten f?r sich arbeiten lie?? Und wie wagte er es, K. anzugreifen, da dieser doch gleich sein Geheimnis verraten konnte? Aber er wagte noch mehr, er ging zum Bett des Advokaten und begann, sich nun auch dort ?ber K. zu beschweren: »Herr Advokat«, sagte er, »habt Ihr geh?rt, wie dieser Mann mit mir gesprochen hat? Man kann noch die Stunden seines Prozesses z?hlen, und schon will er mir, einem Mann, der F?nfjahre im Prozesse steht, gute Lehren geben. Er beschimpft mich sogar. Wei? nichts und beschimpft mich, der ich, soweit meine schwachen Kr?fte reichen, genau studiert habe, was Anstand, Pflicht und Gerichtsgebrauch verlangt.« »K?mmere dich um niemanden«, sagte der Advokat, »und tue, was dir richtig scheint.« »Gewi?«, sagte Block, als spreche er sich selbst Mut zu, und kniete unter einem kurzen Seitenblick nun knapp beim Bett nieder. »Ich knie schon, mein Advokat«, sagte er. Der Advokat schwieg aber. Block streichelte mit einer Hand vorsichtig das Federbett. In der Stille, die jetzt herrschte, sagte Leni, indem sie sich von K.s H?nden befreite: »Du machst mir Schmerzen. La? mich. Ich gehe zu Block.« Sie ging hin und setzte sich auf den Bettrand. Block war ?ber ihr Kommen sehr erfreut, er bat sie gleich durch lebhafte, aber stumme Zeichen, sich beim Advokaten f?r ihn einzusetzen. Er ben?tigte offenbar die Mitteilungen des Advokaten sehr dringend, aber vielleicht nur zu dem Zweck, um sie durch seine ?brigen Advokaten ausnutzen zu lassen. Leni wu?te wahrscheinlich genau, wie man dem Advokaten beikommen k?nne, sie zeigte auf die Hand des Advokaten und spitzte die Lippen wie zum Ku?. Gleich f?hrte Block den Handku? aus und wiederholte ihn, auf eine Aufforderung Lenis hin, noch zweimal. Aber der Advokat schwieg noch immer. Da beugte sich Leni ?ber den Advokaten hin, der sch?ne Wuchs ihres K?rpers wurde sichtbar, als sie sich so streckte, und strich, tief zu seinem Gesicht geneigt, ?ber sein langes, wei?es Haar. Das zwang ihm nun doch eine Antwort ab. »Ich z?gere, es ihm mitzuteilen«, sagte der Advokat, und man sah, wie er den Kopf ein wenig sch?
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38