ТВОРЧЕСТВО

ПОЗНАНИЕ

А  Б  В  Г  Д  Е  Ж  З  И  Й  К  Л  М  Н  О  П  Р  С  Т  У  Ф  Х  Ц  Ч  Ш  Щ  Э  Ю  Я  AZ

 

sei er hier, dann m?ge er so freundlich sein und ins Empfangszimmer hin?berkommen, der Herr aus Italien sei schon da. »Ich komme schon«, sagte K., steckte ein kleines W?rterbuch in die Tasche, nahm ein Album der st?dtischen Sehensw?rdigkeiten, das er f?r den Fremden vorbereitet hatte, unter den Arm und ging durch das B?ro des Direktor-Stellvertreters in das Direktionszimmer. Er war gl?cklich dar?ber, so fr?h ins B?ro gekommen zu sein und sofort zur Verf?gung stehen zu k?nnen, was wohl niemand ernstlich erwartet hatte. Das B?ro des Direktor-Stellvertreters war nat?rlich noch leer wie in tiefer Nacht, wahrscheinlich hatte der Diener auch ihn ins Empfangszimmer berufen sollen, es war aber erfolglos gewesen. Als K. ins Empfangszimmer eintrat, erhoben sich die zwei Herren aus den tiefen Fauteuils. Der Direktor l?chelte freundlich, offenbar war er sehr erfreut ?ber K.s Kommen, er besorgte sofort die Vorstellung, der Italiener sch?ttelte K. kr?ftig die Hand und nannte l?chelnd irgend jemanden einen Fr?haufsteher. K. verstand nicht genau, wen er meinte, es war ?berdies ein sonderbares Wort, dessen Sinn K. erst nach einem Weilchen erriet. Er antwortete mit einigen glatten S?tzen, die der Italiener wieder lachend hinnahm, wobei er mehrmals mit nerv?ser Hand ?ber seinen graublauen, buschigen Schnurrbart fuhr. Dieser Bart war offenbar parf?miert, man war fast versucht, sich zu n?hern und zu riechen. Als sich alle gesetzt hatten und ein kleines, einleitendes Gespr?ch begann, bemerkte K. mit gro?em Unbehagen, da? er den Italiener nur bruchst?ckweise verstand. Wenn er ganz ruhig sprach, verstand er ihn fast vollst?ndig, das waren aber nur seltene Ausnahmen, meistens quoll ihm die Rede aus dem Mund, er sch?ttelte den Kopf wie vor Lust dar?ber. Bei solchen Reden aber verwickelte er sich regelm??ig in irgendeinen Dialekt, der f?r K. nichts Italienisches mehr hatte, den aber der Direktor nicht nur verstand, sondern auch sprach, was K. allerdings h?tte voraussehen k?nnen, denn der Italiener stammte aus S?ditalien, wo auch der Direktor einige Jahre gewesen war. Jedenfalls erkannte K., da? ihm die M?glichkeit, sich mit dem Italiener zu verst?ndigen, zum gr??ten Teil genommen war, denn auch dessen Franz?sisch war nur schwer verst?ndlich, auch verdeckte der Bart die Lippenbewegungen, deren Anblick vielleicht zum Verst?ndnis geholfen h?tte. K. begann viel Unannehmlichkeiten vorauszusehen, vorl?ufig gab er es auf, den Italiener verstehen zu wollen – in der Gegenwart des Direktors, der ihn so leicht verstand, w?re es unn?tige Anstrengung gewesen –, und er beschr?nkte sich darauf, ihn verdrie?lich zu beobachten, wie er tief und doch leicht in dem Fauteuil ruhte, wie er ?fters an seinem kurzen, scharf geschnittenen R?ckchen zupfte und wie er einmal mit erhobenen Armen und lose in den Gelenken bewegten H?nden irgend etwas darzustellen versuchte, das K. nicht begreifen konnte, obwohl er vorgebeugt die H?nde nicht aus den Augen lie?. Schlie?lich machte sich bei K., der sonst unbesch?ftigt, nur mechanisch mit den Blicken dem Hin und Her der Reden folgte, die fr?here M?digkeit geltend, und er ertappte sich einmal zu seinem Schrecken, gl?cklicherweise noch rechtzeitig, dabei, da? er in der Zerstreutheit gerade hatte aufstehen, sich umdrehen und weggehen wollen. Endlich sah der Italiener auf die Uhr und sprang auf. Nachdem er sich vom Direktor verabschiedet hatte, dr?ngte er sich an K., und zwar so dicht, da? K. seinen Fauteuil zur?ckschieben mu?te, um sich bewegen zu k?nnen. Der Direktor, der gewi? an K.s Augen die Not erkannte, in der er sich gegen?ber diesem Italienisch befand, mischte sich in das Gespr?ch, und zwar so klug und so zart, da? es den Anschein hatte, als f?ge er nur kleine Ratschl?ge bei, w?hrend er in Wirklichkeit alles, was der Italiener, unerm?dlich ihm in die Rede fallend, vorbrachte, in aller K?rze K. verst?ndlich machte. K. erfuhr von ihm, da? der Italiener vorl?ufig noch einige Gesch?fte zu besorgen habe, da? er leider auch im ganzen nur wenig Zeit haben werde, da? er auch keinesfalls beabsichtige, in Eile alle Sehensw?rdigkeiten abzulaufen, da? er sich vielmehr – allerdings nur, wenn K. zustimme, bei ihm allein liege die Entscheidung – entschlossen habe, nur den Dom, diesen aber gr?ndlich, zu besichtigen. Er freue sich ungemein, diese Besichtigung in Begleitung eines so gelehrten und liebensw?rdigen Mannes – damit war K. gemeint, der mit nichts anderem besch?ftigt war, als den Italiener zu ?berh?ren und die Worte des Direktors schnell aufzufassen – vornehmen zu k?nnen, und er bitte ihn, wenn ihm die Stunde gelegen sei, in zwei Stunden, etwa um zehn Uhr, sich im Dom einzufinden. Er selbst hoffe, um diese Zeit schon bestimmt dort sein zu k?nnen. K. antwortete einiges Entsprechende, der Italiener dr?ckte zuerst dem Direktor, dann K., dann nochmals dem Direktor die Hand und ging, von beiden gefolgt, nur noch halb ihnen zugewendet, im Reden aber noch immer nicht aussetzend, zur T?r. K. blieb dann noch ein Weilchen mit dem Direktor beisammen, der heute besonders leidend aussah. Er glaubte, sich bei K. irgendwie entschuldigen zu m?ssen und sagte – sie standen vertraulich nahe beisammen –, zuerst h?tte er beabsichtigt, selbst mit dem Italiener zu gehen, dann aber – er gab keinen n?heren Grund an – habe er sich entschlossen, lieber K. zu schicken. Wenn er den Italiener nicht gleich im Anfang verstehe, so m?sse er sich dadurch nicht verbl?ffen lassen, das Verst?ndnis komme sehr rasch, und wenn er auch viel ?berhaupt nicht verstehen sollte, so sei es auch nicht so schlimm, denn f?r den Italiener sei es nicht gar so wichtig, verstanden zu werden. ?brigens sei K.s Italienisch ?berraschend gut, und er werde sich gewi? ausgezeichnet mit der Sache abfinden. Damit war K. verabschiedet. Die Zeit, die ihm noch freiblieb, verbrachte er damit, seltene Vokabeln, die er zur F?hrung im Dom ben?tigte, aus dem W?rterbuch herauszuschreiben. Es war eine ?u?erst l?stige Arbeit, Diener brachten die Post, Beamte kamen mit verschiedenen Anfragen und blieben, da sie K. besch?ftigt sahen, bei der T?r stehen, r?hrten sich aber nicht weg, bevor sie K. angeh?rt hatte, der Direktor-Stellvertreter lie? es sich nicht entgehen, K. zu st?ren, kam ?fters herein, nahm ihm das W?rterbuch aus der Hand und bl?tterte offenbar ganz sinnlos darin, selbst Parteien tauchten, wenn sich die T?r ?ffnete, im Halbdunkel des Vorzimmers auf und verbeugten sich z?gernd – sie wollten auf sich aufmerksam machen, waren aber dessen nicht sicher, ob sie gesehen wurden –, das alles bewegte sich um K. als um seinen Mittelpunkt, w?hrend er selbst die W?rter, die er brauchte, zusammenstellte, dann im W?rterbuch suchte, dann herausschrieb, dann ihre Aussprache ?bte und schlie?lich auswendig zu lernen versuchte. Sein fr?heres gutes Ged?chtnis schien ihn aber ganz verlassen zu haben, manchmal wurde er auf den Italiener, der ihm diese Anstrengung verursachte, so w?tend, da? er das W?rterbuch unter Papieren vergrub, mit der festen Absicht, sich nicht mehr vorzubereiten, dann aber sah er ein, da? er doch nicht stumm mit dem Italiener vor den Kunstwerken im Dom auf und ab gehen k?nne, und er zog mit noch gr??erer Wut das W?rterbuch wieder hervor.
Gerade um halb zehn Uhr, als er weggehen wollte, erfolgte ein telephonischer Anruf. Leni w?nschte ihm guten Morgen und fragte nach seinem Befinden, K. dankte eilig und bemerkte, er k?nne sich jetzt unm?glich in ein Gespr?ch einlassen, denn er m?sse in den Dom. »In den Dom?« fragte Leni. »Nun ja, in den Dom.« »Warum denn in den Dom?« sagte Leni. K. suchte es ihr in K?rze zu erkl?ren, aber kaum hatte er damit angefangen, sagte Leni pl?tzlich: »Sie hetzen dich.« Bedauern, das er nicht herausgefordert und nicht erwartet hatte, vertrug K. nicht, er verabschiedete sich mit zwei Worten, sagte aber doch, w?hrend er den H?rer an seinen Platz h?ngte, halb zu sich, halb zu dem fernen M?dchen, das es nicht mehr h?rte: »Ja, sie hetzen mich.«
Nun war es aber schon sp?t, es bestand schon fast die Gefahr, da? er nicht rechtzeitig ankam. Im Automobil fuhr er hin, im letzten Augenblick hatte er sich noch an das Album erinnert, das er fr?h zu ?bergeben keine Gelegenheit gefunden hatte und das er deshalb jetzt mitnahm. Er hielt es auf seinen Knien und trommelte darauf unruhig w?hrend der ganzen Fahrt. Der Regen war schw?cher geworden, aber es war feucht, k?hl und dunkel, man w?rde im Dom wenig sehen, wohl aber w?rde sich dort, infolge des langen Stehens auf den kalten Fliesen, K.s Verk?hlung sehr verschlimmern. Der Domplatz war ganz leer, K. erinnerte sich, da? es ihm schon als kleinem Kind aufgefallen war, da? in den H?usern dieses engen Platzes immer fast alle Fenstervorh?nge herabgelassen waren. Bei dem heutigen Wetter war es allerdings verst?ndlicher als sonst. Auch im Dom schien es leer zu sein, es fiel nat?rlich niemandem ein, jetzt hierherzukommen. K. durchlief beide Seitenschiffe, er traf nur ein altes Weib, das, eingeh?llt in ein warmes Tuch, vor einem Marienbild kniete und es anblickte. Von weitem sah er dann noch einen hinkenden Diener in einer Mauert?r verschwinden. K. war p?nktlich gekommen, gerade bei seinem Eintritt hatte es zehn geschlagen, der Italiener war aber noch nicht hier. K. ging zum Haupteingang zur?ck, stand dort eine Zeitlang unentschlossen und machte dann im Regen einen Rundgang um den Dom, um nachzusehen, ob der Italiener nicht vielleicht bei irgendeinem Seiteneingang warte. Er war nirgends zu finden. Sollte der Direktor etwa die Zeitangabe mi?verstanden haben? Wie konnte man auch diesen Menschen richtig verstehen? Wie es aber auch sein mochte, jedenfalls mu?te K. zumindest eine halbe Stunde auf ihn warten. Da er m?de war, wollte er sich setzen, er ging wieder in den Dom, fand auf einer Stufe einen kleinen, teppichartigen Fetzen, zog ihn mit der Fu?spitze vor eine nahe Bank, wickelte sich fester in seinen Mantel, schlug den Kragen in die H?he und setzte sich. Um sich zu zerstreuen, schlug er das Album auf, bl?tterte darin ein wenig, mu?te aber bald aufh?ren, denn es wurde so dunkel, da? er, als er aufblickte, in dem nahen Seitenschiff kaum eine Einzelheit unterscheiden konnte. In der Ferne funkelte auf dem Hauptaltar ein gro?es Dreieck von Kerzenlichtern, K. h?tte nicht mit Bestimmtheit sagen k?nnen, ob er sie schon fr?her gesehen hatte. Vielleicht waren sie erst jetzt angez?ndet worden. Die Kirchendiener sind berufsm??ige Schleicher, man bemerkt sie nicht. Als sich K. zuf?llig umdrehte, sah er nicht weit hinter sich eine hohe, starke, an einer S?ule befestigte Kerze gleichfalls brennen. So sch?n das war, zur Beleuchtung der Altarbilder, die meistens in der Finsternis der Seitenalt?re hingen, war das g?nzlich unzureichend, es vermehrte vielmehr die Finsternis. Es war vom Italiener ebenso vern?nftig als unh?flich gehandelt, da? er nicht gekommen war, es w?re nichts zu sehen gewesen, man h?tte sich damit begn?gen m?ssen, mit K.s elektrischer Taschenlampe einige Bilder zollweise abzusuchen. Um zu versuchen, was man davon erwarten k?nnte, ging K. zu einer nahen Seitenkapelle, stieg ein paar Stufen bis zu einer niedrigen Marmorbr?stung und, ?ber sie vorgebeugt, beleuchtete er mit der Lampe das Altarbild. St?rend schwebte das ewige Licht davor. Das erste, was K. sah und zum Teil erriet, war ein gro?er, gepanzerter Ritter, der am ?u?ersten Rande des Bildes dargestellt war. Er st?tzte sich auf sein Schwert, das er in den kahlen Boden vor sich – nur einige Grashalme kamen hie und da hervor – gesto?en hatte. Er schien aufmerksam einen Vorgang zu beobachten, der sich vor ihm abspielte. Es war erstaunlich, da? er so stehenblieb und sich nicht n?herte. Vielleicht war er dazu bestimmt, Wache zu stehen. K., der schon lange keine Bilder gesehen hatte, betrachtete den Ritter l?ngere Zeit, obwohl er immerfort mit den Augen zwinkern mu?te, da er das gr?ne Licht der Lampe nicht vertrug. Als er dann das Licht ?ber den ?brigen Teil des Bildes streichen lie?, fand er eine Grablegung Christi in gew?
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